Sauerkraut, Kombucha, Tempeh und Co.: Fermentierte Lebensmittel sind so angesagt wie noch nie. Was früher als altbacken galt, wird heute zu erheblichen Preisen in Hipster-Cafés verkauft und trägt das Image des Superfoods. Doch was sind fermentierte Lebensmittel eigentlich und was macht sie so großartig? Die Antworten liest du hier.
Was genau ´sind fermentierte Lebensmittel eigentlich?
Fermentation ist die gezielte Umwandlung beziehungsweise Veredelung von Essbarem durch Mikroorganismen. Oder anders gesprochen: das kontrollierte Verfaulen von Lebensmitteln. Das klingt jetzt erst einmal komisch, ist aber wahr.
Denn worüber du dir zum Einstieg dieses Beitrags Klarheit verschaffen solltest, ist, dass wir in einer Welt voller Mikroorganismen leben; de facto stellen diese mit circa 70 Prozent den größten Anteil an Biomasse, sprich aktiver Materie dar. Um es auf die größtmögliche Einfachheit herunterzubrechen: Leben ist nicht steril.
Der Grund, warum du also einen Krautkopf nehmen kannst, ihn kleinhexeln, salzen, stampfen und nach einiger Zeit verzehren kannst, sind Mikroorganismen, die auf dem Krautkopf existieren und in diesem Sinne auch von Anfang an Teil des Prozesses sind. Was du als Koch oder Köchin in diesem Moment machst, ist lediglich die Funktion als Kontrolleur*in und Beobachter*in der optimalen physikalischen, biologischen und thermalen Bedingungen einzunehmen.
Um eben ein möglichst günstiges Milieu für die erwünschten Mikroorganismen zu schaffen – und es gleichzeitig den unerwünschten Mikroorganismen besonders schwierig zu machen, in diesem Milieu zu überleben.
Warum sind fermentierte Lebensmittel so gesund?
Bei Sauerkraut und Kimchi handelt es sich um Produkte der Milchsäuregärung, also dominieren Milchsäurebakterien das Milieu, in dem das Sauerkraut oder der Kimchi fermentiert. Milchsäurebakterien sind probiotische Mikroorganismen, die einen positiven Effekt auf die Darmflora und damit auf die Verdauung haben. Ein gesunder Darm trägt ungemein zu einem gesunden Immunsystem bei.
Neue Arbeiten zeigen außerdem, dass Milchsäurebakterien, die Kohl in Sauerkraut verwandeln, sogar eine unglaublich gesundheitsfördernde Wirkung auf den menschlichen Organismus haben, da sie auch bestimmte Rezeptoren des Immunsystems (z. B. HCA3) aktivieren können. Um es kurz zu machen: Fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut oder Kimchi räumen den Magen richtig auf!
Auch essenzielle Vitamine und Mineralstoffe sind im Kohl enthalten. So diente Sauerkraut beispielsweise schon zu Seefahrerzeiten James Cooks als langhaltbare Vitamin-C-Quelle und beendete quasi den Kampf gegen Skorbut.
Was haben Kimchi und Sauerkraut gemein?
Auch wenn es auf den ersten Blick nicht den Anschein machen würde, lässt sich festhalten, dass sich das europäische Sauerkraut und das exotisch-koreanische Pendant Kimchi in ihrer Zubereitung stark ähneln und aus mikrobiologischer Sicht nahezu identisch sind. Natürlich gibt es jedoch auch hier signifikante Unterschiede, allem voran das Substrat an sich: Während man hier bei Sauerkraut auf geschroteten Weißkohl zurückgreift, verwendet man für Kimchi zumeist Chinakohl.
Im Vergleich zur Sauerkrautfermentation wird die Fermentation von Kimchi mit mehr Salz und bei deutlich niedrigerer Gärtemperatur (circa 10-18 Grad) durchgeführt, was auf die Tradition zurückzuführen ist, dass die Töpfe ursprünglich im Spätherbst oder Winter in die kalte Erde eingegraben wurden. Ein weiterer Unterschied liegt neben Substrat und Gärtemperatur in der Fermentationszeit.
Während diese beim Sauerkraut mit bis zu sechs Wochen relativ lang ist, sind es beim Kimchi nur etwa drei Wochen, wobei sich dies nur schwer verallgemeinern lässt, da es hier große individuelle regionale Unterschiede gibt. Fakt ist jedoch, dass die Fermentationszeit beim Kimchi wesentlich kürzer ist als die des gestampften Weißkohls beim Sauerkraut.
Die während der Fermentation entstehenden Milchsäurebakterien ähneln sich in beiden Herstellungsverfahren stark. Der größte und wesentlichste Unterschied liegt neben dem Texturaspekt beider Endprodukte in ihrer Aromenentwicklung. Das Duftspektrum bleibt also trotz der verschiedenen Kohlsorten und deren unterschiedlicher Zubereitung nahezu gleich. Es ist vielmehr die Hinzugabe von Gewürzen und Zutaten wie Chili und Ingwer, die dafür sorgt, dass sich das Kimchi geschmacklich stark vom Sauerkraut abhebt.
Fertiges Kimchi ist aus meiner Sicht knackig, schweflig, scharf, salzig, erdig-gemüseartig, fruchtig und weniger säuerlich (mit zunehmender Gärzeit steigt auch der Säuregehalt). Die trigeminalen Reize der Kimchi-Gewürze bleiben während der Fermentation erhalten und finden sich im Endprodukt wieder. Sauerkraut hingegen ist meines Erachtens deutlich weniger knackig und salzig, hat aber dafür ein fast blumiges, süßliches, gurkenartiges und wachsiges Aroma.
Wenn du nun noch mehr über Fermentation erfahren möchtest, solltest du dir diese Buchvorstellung ansehen, denn das Thema ist wirklich groß und vielfältig. Außerdem haben wir hier noch einige Rezepte für dich, um deine fermentierten Produkte gleich anzuwenden.
Übrigens: Unsere Rezepte gibt’s auch in der App – einfach downloaden!