Ein weißblauer Himmel, die renaturierte Isar, schöne Biergärten, ein kühles Helles und fantastisches Essen – der Herrgott muss ein Münchner sein. Die bayerische Landeshauptstadt hat kulinarisch aber noch viel mehr zu bieten als frische Brotzeitschmankerln und gebräunten Leberkäs’. Der Titel des wunderbaren Kochbuchs “Schweinebraten, Hummus und Pad Thai” bringt es auf den berühmten Punkt.
“Schweinebraten, Hummus und Pad Thai” – die Autor*innen
In Bayern beliebt. In München heilig: Luise Kinseher. Berufe: Schauspielerin, Kabarettistin. Kosename: Mama Bavaria. Status: Angstgegnerin der CSU. Warum? Sie derbleckte von 2011 bis 2018 zum Starkbieranstich auf dem Nockherberg. Dort faltete sie genüsslich die versammelten Landespolitiker zusammen, während diese hilflos grinsend auf ihren Bänken saßen und versuchten, die Contenance zu wahren.
“Also Friede in der CSU: Das klingt für mich noch viel unheimlicher wie das Schweigen der Lämmer.”
Luise Kinseher
Ein echter Münchner: Franz Kotteder. Edel-Feder bei der Süddeutschen Zeitung und Buchautor. Schreibt über viele Themen, aber auch immer wieder über die Gastronomie in München.
Sternekoch, Gastronom: Karl Ederer. Ich zähle mal einige Stationen seines Schaffens auf: Tantris (München), Restaurant Bruderholz unter Hans Stucki (Basel), Le Duc (Paris), Aubergine (München), das Schweinsbräu in den Herrmannsdorfer Landwerkstätten… ums Eck von einem meiner Lieblingscafés… dem Café West) und und und. Ich glaube, die Aufzählung reicht.
Das Kochbuch – weit entfernt von Zwiebeltürmen-Küche
“Schweinebraten, Hummus und Pad Thai” ist kein monothematisches Kochbuch (“Alles über Gemüse”), es stellt keine Länderküche (“Die britische Küche”) vor und ist ebenfalls kein Regionen-Porträt (“Essen im Bergischen Land”). Was ist es dann? Auf jeden Fall kein klassisches Kochbuch. Und dies macht seinen Charme aus. Die Autori*nnen lassen Menschen zu Wort kommen, die es an die Isar gespült hat. Menschen aus Schweden, Venezuela, Togo, Irland oder Thailand.
In dem Lese-Kochbuch “Schweinebraten, Hummus und Pad Thai” berichten sie über ihre Heimat, das Ankommen und das Leben in München und stellen Gewürze, Lebensmittel und Gerichte aus ihrer alten Heimat vor. Denn für viele ist München mittlerweile ihre neue Heimat.
Das Cover, die Fotos, die Menschen
Ich habe das Lese-Kochbuch mindestens zwei Tage mit mir rumgetragen. Ich las es im Bus, in der U-Bahn sowie im Wartezimmer des Tierarztes. Ich mag es sehr. Auf dem Cover lachte mich ständig Frau Kinseher an. Und ich grinste sofort zurück. Ich habe eine Schwäche für freundliche Bücher. “Schweinebraten, Hummus und Pad Thai” fühlt sich auch schön in den Händen an. Irgendwie rau. Ich wette, man kann es prima abwaschen, hat man mal wieder mit bemehlten Fingern drin rumgeblättert.
Die Fotos von Maria Bogdahn zeigen vollkommen entspannte Menschen, schöne Gaststätten und Gerichte, die ich sofort essen möchte. Die griechische Lammschulter hätte ich mir am liebsten unter den Arm geklemmt und wäre stiften gegangen. Den französischen Schokokuchen hätte ich nur widerwillig geteilt. Und von dem marinierten Saibling mit Rahmgurken und kleinen Linwanzen habe ich geträumt. Das Buch hat mir die Stadt, in der ich 21 Jahre gelebt habe, näher gebracht. Es zeigt die schönsten Seiten Münchens: Eine Stadt, in der viele weltoffene Menschen leben. Und eine Stadt, in der Menschen aus anderen Ländern leben, die teilhaben wollen.
Die Rezepte – aus allen Herren Ländern
Du hast die Wahl: Hingehen und essen oder selbst kochen und essen. Mein Tipp: Mach beides. Mehrmals. Mit Freund*innen oder der Familie. Oder allen zusammen. Besucht die Restaurants und kocht zu Hause.
Ich war in vielen Restaurants, die vorgestellt werden, selbst zu Gast. Oder habe mich von den Köch*innen in anderen Lokalen bekochen lassen. Zum Beispiel von Loïc Cantegrel im “Au Comptoir de Loic” in der Haidhauser Rablstraße. Sensationell.
Eine kleine Auswahl der Rezepte: Fasan mit Speck und Spitzkraut aus Irland. Kaninchen mit Artischocken aus Italien, Samosas mit Kartoffel-Erbsen-Füllung aus Bangladesch, Schwarzaugenbohnen mit Kokosmilch aus Togo, Gemüseragout mit Joghurt aus Afghanistan sowie eine Lachssuppe aus Schweden.
Dieses Rezept hat es mir besonders angetan. Es ist ein wunderbares Sommergericht, dass man auch gut mit Lachs, Makrele oder Renke zubereiten kann. (Zitat aus dem Kochbuch)
Rezept für Sommerrollen
Zutaten für 4 Personen
- 8 Reisblätter, trocken
- 8 längliche Stücke vom Thunfisch (à 50 g) oder 8 große Garnelenschwänze
- 2 Romanaherzen
- 2 reife Avocados
- 50 g Sesam
- 4 EL Kimchi-Sauce
- 4 EL Frischkäse
- 2 EL japanische Mayonnaise
Zubereitung
- Romanaherzen entblättern, waschen und trocknen. Die Reisblätter in ein feuchtes Tuch einschlagen und aufweichen lassen.
- Die Thunfischstücke nur kurz mit einer offenen Flamme (Küchenbrenner) abflämmen oder in der Pfanne anbraten. Aber wirklich nur kurz, danach salzen und pfeffern. Die Avocados schälen, halbieren und das Fruchtfleisch in gleichmäßige Scheiben schneiden.
- Für den Dip: Sesam ohne Öl in einer Pfanne kurz anrösten und mit der Kimchi-Sauce verrühren.
- Die Reisblätter belegen und zusammenzurollen, erfordert etwas Übung! Wichtig: Die Blätter immer nur einzeln aus dem feuchten Tuch nehmen, damit die anderen nicht austrocknen.
- Jedes Reisblatt zuerst 10 cm lang und 5 cm breit mit Salatblättern belegen, dann mit einem Viertel der Avocado-Scheiben. Darauf kommt ein Stück Thunfisch. Diesen mit dem Frischkäse und der japanischen Mayonnaise bestreichen.
- Die untere Blattseite über den Thunfisch legen und weiter einrollen. Nicht zu streng, aber auf keinen Fall zu locker. Das 8-mal, hintereinander – die Übung macht sich bald bemerkbar!
- Den Kimchi-Dip in 4 kleine Schälchen servieren.
Rezept: Asia Plus im SAM – Sushi and Meat / München-Westend / Besitzer & Koch: Xiaoying Wang (Tolles Foto von Maria Bogdahn / auf den Seite 78-79)
Beim Avocado schneiden kann man sich leicht an der Hand verletzten. Mit unseren Tipps passiert dir das nicht. Wir erklären, wie’s richtig geht.
Mein Fazit
Ganz klar: Kauft das wunderbare Lese-Kochbuch “Schweinebraten, Hummus und Pad Thai”! Denn das Kochbuch ist ein tolles Geschenk für Menschen, die gerne kochen und es sich gut gehen lassen möchten. Auch Münchner*innen sind aufgerufen. Schaut in die Kochtöpfe anderer Länder und schleppt euren Besuch in die Lokale. Denn: München ist bunt!
Und der Verlag sollte sich an die Stadt wenden. Die sollte das Buch an Tourist*innen verschenken, damit die wissen, wo man essen gehen kann und soll. Das ist besser, als auf womöglich gekaufte Klicks auf Food-Bewertungsportalen reinzufallen. Dann sind die Touristen sauer und erzählen überall in der Welt Übles über Minga. Und das wollen wir nicht. Also: Kauft das Buch und verschenkt es. In ein paar Monaten ist Weihnachten.
Karl Ederer, Luise Kinseher, Franz Kotteder: “Schweinebraten, Hummus und Pad Thai“, Verlag Antje Kunstmann, 30,00 Euro, erschienen im März 2022.
Jeden Montag stellen wir dir ein Kochbuch der Woche vor. Zuletzt durchstöberten wir diese Titel: